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Knut Henrik Henriksen

Staged Emotions
(Auf der Walz / The Journey Years)
2021

Gips, Marmorstaub, Styropor, Farbe

Hollybush Gardens

Das historische Ritual der «Walz», also der handwerklichen Gesellenjahre, bei welchen junge Handwerker*innen am Ende der Lehrzeit umherreisen und ihre Dienste gegen Kost und Logis anbieten, dient Henriksen als Inspiration für seine Arbeit. Die Zimmerleute verfeinern während der Reise ihre Handwerkskunst in verschiedenen Regionen und Ländern.

Henriksen macht sich die Formensprache des traditionellen Handwerks zu Nutze und verbindet sie mit der Logik zeitgenössischer Produktion. So öffnet er das regelgebundene Handwerk für seine Experimente. Henriksens gleichzeitige Verwendung von billigen, künstlichen Materialien ermöglicht es, die Aufmerksamkeit auf die Konstruktion emotionaler Bedeutung im architektonischen Raum zu lenken.

 

Die Kopien klassischer römischer Skulpturen im Garten des Antikenmuseums werden zu Protagonisten im Drama der inszenierten Emotionen des Künstlers. Henriksen spielt mit dem Affekt, der dem Material und der Form dieser Skulpturen innewohnt, indem er zeigt, wie diese billigen, effizienz-optimierten Materialien bestimmte Stimmungen und Gefühle auslösen. Die klassischen Skulpturen suggerieren eine idyllische Atmosphäre, die durch Henriksens Styropor-Sonnenuntergang noch verstärkt wird. Das aufgeschäumte Material wurde so bearbeitet, dass es an rustikales Holz erinnert – ein Werkstoff, der Wärme, Behaglichkeit und eine romantische Atmosphäre verspricht. Dieser Sonnenuntergang fungiert als Tableau, das den Garten und das Drama, das sich zwischen den klassischen Skulpturen abspielt, einrahmt: Eine Struktur aus weissem, gepudertem Marmor spielt auf Francis Bacon an, um das emotionale Spiel von Satyr und Hermaphrodite zu evozieren; daneben eine alte mittelalterliche Figur, genannt ‘der Wilde Mann’, der oft in Fachwerkhäusern zu sehen ist. Diese ortsspezifische Installation befasst sich mit der Art und Weise, wie sich kollektive Vorstellungen von Romantik und Nostalgie manifestieren und wie wir Handwerkskunst und historische Traditionen weitergeben.
Henrik Knut Henriksen (geb. 1970 in Oslo) arbeitet mit standardisierten Fertigungsprozessen und formuliert Skulpturen, die in das von ihm als ‘Architectural Doubts’, also architektonische Zweifel, bezeichnete Konzept münden. Ein Ansatz, der mit Schein und Sein spielt und so versucht, die gewohnte Erfahrung von Materialien und Oberflächen zu durchbrechen.
 
Von rohen, im Ausstellungsraum eingefügten Elementen über bewusst gesetzte technische Fehlerstellen bis hin zu Veränderungen an historischen Gebäudesubstanzen findet er unterschiedliche Ansatzpunkte für seine Interventionen. Henriksen erklärt, dass er an interessanten Stellen an einem Ort oder Gebäude mit Skulpturen eine Art ‘Monument des Zweifels’ formuliere, indem er verschiedene standardisierte Prozesse und Materialien aus seinem eigenen architektonischen Erbe mit dem vorhandenen kombiniert.
Er lebt und arbeitet in Berlin.